GELSENKIRCHEN. In Gelsenkirchen ist eine Debatte um die mögliche Einführung des öffentlichen Muezzin-Rufes entbrannt. Die Grünen in der Ruhrgebietsstadt haben das Vorhaben in den Integrationsrat eingebracht, berichtete der WDR.
„Unter der Isolation durch die Schließung der Moscheen leiden gerade ältere Menschen. Studien belegen, daß das Vernehmen des islamischen Gebetsrufes bei vielen Menschen mit islamischem Bekenntnis ein Stück Normalität, Vertrautheit und Routine birgt und damit eine emotionale Stütze sein kann, um Vereinsamungserscheinungen entgegen zu wirken“, begründete die Grünen-Politikerin Derya Halice den Vorstoß.
Das Ansinnen unterstützten laut WDR auch mehrere christliche und jüdische Gemeinden in Gelsenkirchen. In dem Zusammenhang werde darauf verwiesen, daß christliche Kirchen während der Pandemie als Zeichen der Solidarität zusätzlich ihre Glocken läuten ließen.
Gelsenkirchener Koalition ist skeptisch
Die integrationspolitische Sprecherin der AfD-Landtagsfraktion, Gabriele Walger-Demosky, kritisierte den Plan. „Niemand muß dulden, lautsprecherverstärkt mit religiösen Bekenntnissen zwangsbehelligt zu werden. Daß Rufe wie ‘Es gibt keinen anderen Gott außer Allah’ nicht zur Integration beitragen, versteht sich von selbst. Das ist weniger Religionsausübung als offen proklamierter Herrschaftsanspruch“, sagte sie der JUNGEN FREIHEIT.
Derzeit sei es jedoch fraglich, ob in Gelsenkirchen der Muezzin-Ruf öffentlich erschallen werde. So zeigten sich die SPD und ihr Koalitionspartner CDU bislang skeptisch gegenüber dem Ansinnen der Grünen. Auch während des ersten Lockdowns im vergangenen Frühjahr hatte das Stadtoberhaupt dies abgelehnt.
In der ebenfalls in Nordrhein-Westfalen gelegenen Stadt Oer-Erkenschwick beschäftigte ein ähnlicher Fall im vergangenen September die Justiz. Das Oberverwaltungsgericht Münster entschied damals, daß die islamische Gemeinde wieder per Lautsprecher zum Gebet aufrufen dürfe. (ag)